Das 4. COVID-19 Gesetz ist ein Sammelgesetz, das verschiedene neue Gesetze und Änderungen bestehender Gesetze umfasst. Einige markante Änderungen werden hier aufgezeigt.
Noch ist das Bundesgesetzblatt nicht veröffentlicht – die Informationen beziehen sich auf den Antrag im Nationalrat.
Teil dieses Sammelsuriums ist auch das
2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz
das weitreichende Bestimmungen über die Stundung und Verzugsfolgen in verschiedenen Rechtsbereichen enthält.
Beschränkung der Rechtsfolgen von Mietzinsrückständen bei Wohnungsmietverträgen
Zusammengefasst ist ein Mietzinsrückstand bei Wohnungen in den Monaten April bis Juni 2020 bis zum 30.06.2022 – zwei Jahre lang – kein Kündigungsgrund. Der Mietzinsrückstand darf auch erst nach dem 31.12.2020 gerichtlich geltend gemacht werden.
Andere Kündigungsgründe bleiben aber davon unberührt.
Geschäftsraummieten und Pachtverträge betrifft das nicht. Es gilt aber zu hinterfragen, ob das Objekt noch zum bedungenen Gebrauch taugt. (Siehe den Beitrag hier)
Keine Kündigung wegen des Mietzinsrückstandes
Voraussetzung ist, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mieters als Folge der COVID-19-Pandemie erheblich eingeschränkt ist.
Die Erläuterungen meinen damit insbesondere einen Mieter, der seine Arbeit verloren hat. Da dieser – unabhängig von der Pandemie – jedoch Arbeitslosengeld erhält, vermag diese Begründung insbesondere nicht überzeugend darzulegen, inwiefern sich hier etwas durch die Pandemie geändert hätte.
Ausdrücklich genannt ist auch der Selbständige,”der seinen Betrieb schließen muss”.
Zahlung des Mietzinsrückstandes
Die Erläuterungen halten fest, dass § 33 (2) und (3) MRG kumulativ gelten:
“Zugunsten des Mieters unberührt bleibt die ebenfalls dem Erhalt des Mietobjekts dienende Regelung des § 33 Abs. 2 und 3 MRG, wonach der säumige Mieter die Kündigung oder Vertragsauflösung noch durch Zahlung des Mietzinsrückstands während der Verhandlung in erster Instanz abwenden kann, sofern ihn am Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden trifft. Diese Schutzregelung kann kumulativ zum temporären Kündigungs- bzw. Räumungsausschluss des § 1 dann zum Tragen kommen, wenn der
Vermieter nach dem 30. Juni 2022 auf Grund eines dann immer noch bestehenden Mietzinsrückstands aus den Monaten April, Mai oder Juni 2022 ein Kündigungs- oder Räumungsverfahren einleitet.“
Ausschluss der gerichtlichen Geltendmachung des Mietzinsrückstandes
Die Geltendmachung des Mietzinsrückstandes aus dem 2. Quartal 2020 ist bis zum 31.12.2020 ausgeschlossen.
Kaution unantastbar
Weiters schließt die Regelung aus, dass der Vermieter die offenen Mieten aus der Kaution abdeckt und diese wiederum aufstocken lässt.
Nur Verzugszinsen und keine Inkassokosten
Für Zahlungen, die im 2. Quartal 2020 fällig gewesen wären, dürfen höchstens die gesetzlichen Zinsen (4 % gemäß § 1000 (1) ABGB) gefordert werden, und ist der Schuldner nicht verpflichtet, die Kosten außergerichtlicher Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen (Inkassobüro – § 1333 ABGB) zu ersetzen.
Verlängerung befristeter Verträge
“§ 5. Ein dem Mietrechtsgesetz unterliegender, befristeter Wohnungsmietvertrag, der nach dem 30. März 2020 und vor dem 1. Juli 2020 abläuft, kann abweichend von § 29 MRG schriftlich bis zum
Ablauf des 31. Dezember 2020 oder für einen kürzeren Zeitraum verlängert werden. Wird der Mietvertrag nach Ablauf dieses Verlängerungszeitraums weder vertraglich verlängert noch aufgelöst, so gilt § 29 Abs. 3 lit. b MRG.”
Aufschub der Räumung
Hier ist es unerheblich, aus welchem Grund das Mietverhältnis aufgelöst wurde, und nun geräumt werden soll.
Die Räumung(sexekution) ist auf Antrag des Mieters ohne Sicherheitsleistung aufzuschieben, wenn die Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Verpflichteten und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen unentbehrlich ist, es sei denn, die Räumung ist zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des betreibenden Gläubigers unerlässlich.
So ein Grund kann der Eigenbedarf sein.
Es gibt keinen Kostenersatz in diesem Verfahren.
Verhältnismäßiger Grundrechtseingriff?
Mit welcher Begründung die Vermieter dazu kommen, einen derartigen Eingriff in die Freiheit des Eigentums hinzunehmen, lässt der parlamentarische Antrag freilich offen, und wird sicher noch den Verfassungsgerichtshof beschäftigen. Der Staat wird Kosten einzelner, welche er verursacht, um Ziele für die Allgemeinheit zu erreichen, auch übernehmen müssen. Nichts Anderes würde eigentlich das Epidemiegesetz vorsehen.
Die Bestimmungen im Wortlaut des parlamentarischen Antrages:
“§ 1. Wenn der Mieter einer Wohnung eine Mietzinszahlung, die im Zeitraum vom l . April 2020 bis zum 30. Juni 2020 fällig wird, nicht oder nicht vollständig entrichtet, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, kann der Vermieter allein wegen dieses Zahlungsrückstands den Mietvertrag weder kündigen noch dessen Aufhebung nach § 1118 ABGB fordern. Der Vermieter kann den Zahlungsrückstand bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 nicht gerichtlich einfordern oder aus einer vom Mieter übergebenen Kaution abdecken.“
“§ 3. Wenn bei einem vor dem 1. April 2020 eingegangenen Vertragsverhältnis der Schuldner eine Zahlung, die im Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum
30. Juni 2020 fällig wird, nicht oder nicht vollständig entrichtet, weil er als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, muss er für den Zahlungsrückstand ungeachtet
abweichender vertraglicher Vereinbarungen höchstens die gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs. 1 ABGB) zahlen und ist nicht verpflichtet, die Kosten von außergerichtlichen Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen zu ersetzen.“
“§ 17. (1) Dieses Bundesgesetz tritt, sofern in den folgenden Absätzen nicht anderes angeordnet ist, mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.
(2) Die § § 1 bis 5 treten mit 1. April 2020 in Kraft. Die § § 1, 3 und 4 treten mit Ablauf des 30. Juni 2022 außer Kraft. § 5 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft. Für § 2 gilt die Regelung des Abs. 1 über das Außerkrafttreten nicht.
(3) Ungeachtet des Abs. 1 über das Außerkrafttreten ist § 11 anzuwenden, wenn der Antrag auf Stundung vor dem Außerkrafttreten bei Gericht eingelangt ist.“
Beratung
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Ihr Dr. Thomas Mildner,
Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Medizinrecht
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